Eine weitere Sternstunde des Obrigkeitsstaates:

Erörterungstermin Südostbahn

Über Stunden bekamen wir wieder den Obrigkeitsstaat vorgeführt. Der Verhandlungsleiter, um Objektivität sichtlich bemüht, fiel doch sehr schnell in seine juristische Diktion (für Laien nicht nachvollziehbar) des Vorwegnehmens von Einwänden und deren vorherige Entkräftigung durch ‚seine’ sprich Meinung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe. Die Verkehrsbetriebe waren zunächst durch einen dynamischen, kompetenten Jungschen vertreten (Dr. Bickelhaupt?), der nach einigen Stunden vom technischen Leiter der VBK, Herr Lorenz, Beistand bekam.

Um was ging es?

Mit dem Ausbau der Ludwig-Erhard-Allee hat sich der Verkehr in diesem Bereich drastisch erhöht. Zusammen mit der hohen Bebauung wird sich die Kleinklimasituation im südlichen Bereich der City noch weiter verschlechtern. Der öPNV wird an dieser Situation nur wenig ändern, ist aber in der Ludwig-Erhard-Allee notwendig. Er schließt mit dem längst überfälligem Ausbau der ehemaligen ‚Kriegsstraße Ost’ einen Lücke im Straßenbahnnetz der Stadt. Das heißt – er sollte es, aber …

Als Kritik von uns wurde gebracht, dass zunächst einmal der Tunnelbau in der Kaiserstraße in trockene Tücher gebracht werden musste. Mit einem Ausbau der Ludwig-Erhard-Allee und der wirklichen Verlängerung bis zum Karlstor vor Beginn der sogenannten „Kombilösung“ hätten in Karlsruhe viele Bürgerinnen und Bürger bemerkt, dass ein Tunnel nicht mehr von Nöten gewesen wäre.

Die nun zu bauende Trasse über die Schlachthofstraße, Kreisel und unter dem L-Bank-Vorbau in die Philipp-Reis-Straße einbiegend ist bis zur Friedrich-List-Schule ein Teil der Kombilösung.

Was wurde in der Erörterung klar: Die Süd-Ost-Bahn hat einen Kosten-Nutzenfaktor von rund 1,2.

Für die Haltestelle und Schwenk Philipp-Reis-Straße nach Vollendung der Kombilösung gibt es keinen Bedarf. Die angedachte Linie 7, die darüber fahren soll, ist eine gewundene Stecke über die Mathystraße zum Eurohalle in die Pulverhausstraße, die wohl niemand fahren wird. Der Regelbetrieb soll spätestens 2012 aufgenommen werden. Ein Südabzweig in Richtung Bahnhof aus der Haltestelle heraus gibt es nicht.

Die Haltestellen sind nur 75 m lang und haben eine Einstiegshöhe von 33 cm. Sie sind damit nur für die Niederflurfahrzeuge behindertengerecht.

Die Südostbahn erschließt das neue Wohngebiet Südost nicht – wurde ausdrücklich von der VBK bestätigt - man braucht also entweder eine neue Trasse (z.B. Luisenstraße = sehr umstritten und vermutlich nach der Südostbahn nicht mehr förderungsfähig) oder Südost ist nicht gut an den öPNV angebunden.

Die Südostbahn ist die Südumfahrung beim Bau des Tunnels in der Kaiserstraße – und nur dafür wird sie ohne die Verlängerung zur Kombilösung im Augenblick gebraucht. Also müsste sie auch 100 m lange Fahrsteige und 55 cm Ausstiegshöhen bekommen.

Da in Zukunft vielleicht auch eine S30/S31 vom Durlacher Bahnhof darüber rollen könnte, ist die Verlängerung der Haltestellen nötig - sie wird nicht gemacht, weil … siehe Kosten-Nutzenfaktor!

Der Kreisel verträgt zwei Linien problemlos, drei mit kleinen Problemen für den motorisierten Individualverkehr.

Das Parkplatzproblem in dem neuen Viertel scheint übermäßig hoch zu sein. Die Einpendler der Banken und dort angesiedelten Firmen und auch Schüler benutzten den gesamten nördlichen Teil als Parkfläche.

Es wurde noch über viele, wichtige Kleinigkeiten gesprochen, die – da kaum kostenträchtig – zugesagt wurden. So wurde klar, dass das Quietschen in den 90 Grad-Kurven bei Weichen nicht mit Wasserfilmschmierung beseitigt werden kann. Da soll Fettschmierung zum Einsatz kommen.

Fazit: Der Gemeinderat hat wieder ein Projekt durchgewinkt, ohne sich wirklich kundig zu zeigen und hat damit dem öffentlichen Nahverkehr einen weiteren Bärendienst erwiesen. Der Gemeinderat wird mit Häppchen von Bebauungsplänen gefüttert, die alle voneinander abhängig oder miteinander verbunden sind. Aber die Gesamtschau geht dabei bei unseren Volksvertretern anscheinend völlig verloren. Die Südostbahn kommt 15 Jahre zu spät, ist nicht mit der Kombilösung wirklich verbunden, bindet ein Neubaugebiet nicht an und hat Mängel im Detail und in der Barrierefreiheit.

Karlsruhe, am 15. März 2010
Harry Block