Am 11.2.2010 in den BNN in leicht veränderter Form veröffentlichter Leserbrief vom 3.2.2010 zu den BNN-Artikeln
"Zeitdruck könnte den Stadtbahntunnel verteuern" vom 19.01.2010 und
"Startschuss für die Zukunft Innenstadt" vom 22.1.2010.

Das Kasperletheater auf dem Europaplatz

Mit Beginn der Tollen Tage herrschen die Jäcken. Doch die hiesigen stürmen nicht das Rathaus, sondern verlassen es mit ernster Miene und führen den "1. Spatenstich" für ihre U-Strab auf.

Ein Kasperlespiel ist etwas für Kinder und für solche, die sich gern wie Unmündige behandeln lassen. Doch nichtsahnende Schulkinder, die nach ihren Eltern und Großeltern die Zeche auf vielerlei Art zu bezahlen haben werden, dazu als Komparsen heranzuziehen, ist schändlich. Bei genauer Betrachtung also ein nachmittägliches Trauerspiel mit demgemäßer Musik!

Beim darauffolgenden Fest ist die KASIG der hochstaplerische und ausgehaltene Bräutigam. Wer aber die Braut aus dem illustren Kreis der Baufirmen und wie hoch der Preis sein wird, ist unbekannt. Derer bieten gerade noch vier. Doch trotz geringer Beteiligung müssen wegen eklatanter Ausschreibungsmängel Wahl und Vergabe verschoben werden. "Die Hochzeit ohne Braut" ist eine von der Stadt inszenierte Posse. Sie heuchelt Ehrfurcht vor den "europäischen Richtlinien zum Vergabeverfahren". Doch nur, um die (auch dann nur vorläufig) wahren Kosten ein paar Wochen länger verheimlichen und bis dahin an Ausreden feilen zu können.

Ist die KASIG "solide", wenn sie der Genehmigungsbehörde in Stuttgart etwas weniger als 500 Millionen € für die Baukosten gemeldet hat, obwohl sie diese inzwischen auf fast 600 schätzt? Oder ist ihr Finanzgebaren nicht vielmehr blanker Hohn, wenn allein für den Tunnelrohbau statt 250 vermutlich deutlich mehr als 300 Millionen an Steuergeldern zum Fenster hinausgeworfen werden müssen? Was hat der rund 3,5 km lange Tunnelbau mit einer vermeintlichen Flaniermeile von gerade einmal 1 km oder mit der Funktionalität eines Einzelhandelszentrums zu tun, wenn trotz trügerischer Versprechen die ebenerdigen Gleisanlagen in der Innenstadt liegen bleiben müssen? Was ist letztendlich der Ausbau der "Schleuderstrecke" von Schlachthof- über Baumeister- und Mathy- bis Gartenstraße anderes als unzureichender Ersatz für den klammheimlich abgeschriebenen Kriegsstraßenumbau?

Wer wollte, konnte es hören: Es war die Provokation des Oberschildbürgermeisters, er werde mit seinen Lautsprechern jedwede Unruhe unterdrücken, welche die Tunnelgegner daran erinnerte, wie mächtig Volkes Stimme sein kann. So sehr, dass die drei Schön-Reden im Zorn der Menge untergingen.

Was sollte das Geschwafel von der Chance zur Mitarbeit, wo es keine gibt? Die bereits im sog. "Bürgerbeteiligungsverfahren City 2015" Düpierten wissen, was sie von einem heuchlerischen Angebot zu halten haben.

Wer wie die Stadt glaubt, man könne das Fiasko schönreden, muss wissen: Es ist ein böses Omen, dass der Greif - einst ein Symbol für scharf blickende Klugheit und Sehertum - als Erstes weichen musste.

Karlsruhe. am 3. Februar 2010

F.H.Eschbach Jasminweg 13 D-76149 Karlsruhe