In den BNN vom 23.5.2002 in einer gekürzten Fassung erschienen unter dem Titel

 

                                        Wie ein beleidigtes Kleinkind

 

Leserbrief zum Artikel der heutigen (17.5.) BNN

                     „OB Fenrich schwört weiter auf die U-Strab-Total“

 

Wie ein beleidigtes Kleinkind reagiert Oberbürgermeister Fenrich auf die Ergebnisse des Bürgerbeteiligungsverfahrens. Nicht nur seine eigene Meinung will er zukünftig vertreten, mit der ganzen Macht der Stadt (auch der finanziellen) schaltet er sich in das Verfahren ein. Denn es läuft ihm aus dem Ruder. 

 

Er hatte sich das wohl so schön vorgestellt: in einem 500.000€ teuren Bürgerbeteiligungsverfahren sollten die Bürgerinnen und Bürger auf den Bürgerentscheid für eine U-Strab im Herbst vorbereitet werden. Als einmalig in der Bundesrepublik wurde das Verfahren gepriesen. Öffentlich erklärte Herr Fenrich, das Bürgervotum zu akzeptieren. In Arbeitskreisen unterschiedlicher Zusammensetzung wurde darüber diskutiert, wie sich die BürgerInnen „ihre“ City 20015 vorstellen. Und dann kam alles ganz anders als geplant.:

 

Die Bürgerinnen und Bürger wollten weg vom „Schlauch“ Kaiserstraße.

Sie wünschten eine Verbreiterung der zentralen Innenstadt.

Sie wollten dafür eine zusätzliche Straßenbahn in der Kriegsstraße.

Sie wollten die Kaiserstraße von Regionalbahnen entlasten.

Sie wollten mehrheitlich nicht die Straßenbahnen völlig aus der Kaiserstraße verdrängen.

 

Die Stadt interpretierte dies als Votum , dass alles noch völlig offen sei. Und dann die nächste „Katastrophe“:  auch die Facharbeitskreise sprachen sich gegen die von der Stadt angestrebte totale Tunnellösung aus.

Nun mussten „Experten“ her. Da sie zu über ¾ städtische Bedienstete waren oder von stadtnahen Organisationen kamen, konnte man sich auf die wenigstens  verlassen. Und tatsächlich: sie waren selbstverständlich der Meinung, die Kaiserstraße ließe sich nur dadurch entlasten, dass man alle Bahnen unter die Erde brächte.  Und außerdem hatte man ja noch die Meinungsumfrage aus dem letzten Herbst. Wenn auch, nach Herrn Fenrichs Worten, Demoskopie nicht Demokratie ersetzt, so war man auch hier, weil die Ergebnisse ja bekannt waren (wie auch immer sie zustande gekommen sein mögen) sicher, dass man sie zumindest in die gewünschte Richtung interpretieren konnte. Aber das alles reicht noch nicht.

Noch offensiver als bisher will die Stadt selbst nun die totale Tunnellösung vertreten.

Wie das aussehen wird, darf man gespannt sein.

Aber eines ist jetzt schon klar: Herr Fenrich hat mit seinem Verhalten das Bürgerbeteiligungsverfahren in Misskredit gebracht. Es ist ein Schlag ins Gesicht aller Bürgerinnen und Bürger, die voll guten Willens ihre Freizeit geopfert und ihre Ideen und Vorschläge eingebracht haben. Bei mir bleibt ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Staatsmacht, die, wenn ihr die Argumente fehlen, mit Mitteln der Propaganda und viel, viel (Steuer)geld ihre Pläne durchzubringen versucht. Ich wünsche mir, dass die Bürgerinnen und Bürger frei über die Zukunft ihrer Stadt entscheiden und dass die besseren Argumente siegen. Ich wünsche mir eine lebendige, attraktive Innenstadt. Ich persönlich glaube, dass das nicht durch einen Stadtbahntunnel zu erreichen ist.

 

Sabine Just-Höpfinger, Alt-Stadträtin,

Sprecherin des Arbeitskreises 1 „Entwicklung der Innenstadt“ der Bürgerbeteiligung

Am Sixenrain 7,  76199 Karlsruhe